Ermächtigung des Wohnungskäufers zur Durchführung einer Mieterhöhung

Wohnungsmietrecht – BGB §§ 558a, 566

Der Käufer einer vermieteten Wohnung kann vom Verkäufer ermächtigt werden, schon vor der Eigentumsumschreibung im Grundbuch und des damit verbundenen Eintritts des Käufers in die Vermieterstellung, § 566a I BGB im eigenen Namen ein Mieterhöhungsbegehren gemäß § 558a BGB zu stellen. Die Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens hängt nicht davon ab, dass die Ermächtigung offen gelegt wurde. BGH, Urteil vom 19.03.2014 – VIII ZR 203/13

 

BGH, Urteil vom 19.03.2014 – VIII ZR 203/13 (LG Frankfurt a.M.), BeckRS 2014, 07493
Anmerkung von Wolf-Rüdiger Bub und Christian von der Osten

 

Die Klägerin mietete von der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Wohnung. Diese übertrug die Wohnung 2006 rechtwirksam an letztere. Im Vertrag ist u.a. vorgesehen, dass die Beklagte bevollmächtigt ist, ab sofort bis zum Eigentumsvollzug im Grundbuch den Mietern gegenüber sämtliche mietrechtlichen Erklärungen abzugeben und ggfs. im eigenen Namen entsprechende Prozesse zu führen. Noch vor der sehr späten Grundbuchumschreibung richtete die Beklagte mehrere Mieterhöhungsschreiben an die Klägerin, denen diese auch zustimmte. Sie ist nunmehr der Auffassung, auf die Mieterhöhungen ohne Rechtsgrund geleistet zu haben, weil die Beklagte ihre Vermieterstellung in diesem Zeitraum nur „vorgespiegelt“ habe.

 

Nach Auffassung des BGH steht der Klägerin kein Anspruch auf Rückzahlung zu. Der Rechtsinhaber könne einen Dritten zur Geltendmachung eines unselbständigen Gestaltungsrechts im eigenen Namen ermächtigen. Zwar ordne § 566 I BGB für den Fall der Veräußerung vermieteten Eigentums an, dass der Erwerber für die Dauer seines Eigentums in die Vermieterstellung einrückt. Dies schließe es aber nicht aus, dass der bisherige Vermieter schon zu einem früheren Zeitpunkt Ansprüche aus dem Mietverhältnis abtritt oder einem Erwerber eine Ermächtigung zur Geltendmachung im eigenen Namen erteilt. Es bestehe keine Grund, eine Ermächtigung nur bezüglich einer Kündigung oder einer Modernisierungsankündigung, nicht aber bezüglich eines Mieterhöhungsverlangens zuzulassen.

 

Auch Gesichtspunkte des Mieterschutzes erforderten keine abweichende Beurteilung. Zwar werde in Literatur und Rechtsprechung dazu teilweise die Auffassung vertreten, dass ein einseitiges Rechtsgeschäft, das von einer vom Vermieter dazu ermächtigten Person vorgenommen wird, nur wirksam sei, wenn die Ermächtigung offen gelegt wird. Zur Begründung wird angeführt, nur die Offenlegung der Ermächtigung gebe dem Mieter bei einem einseitigen Rechtsgeschäft die Möglichkeit, das Rechtsgeschäft entsprechend §§ 182 III, 111 III BGB zurückzuweisen, falls die Ermächtigung nicht in schriftlicher Form beigefügt gewesen sei. Dem widerspricht der BGH: Anders als die Stellvertretung gestatte die Ermächtigung dem Berechtigten das Handeln im eigenen Namen, so dass es eines Hinweises auf den eigentlichen Rechtsinhaber gerade nicht bedarf. Die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme durch Ermächtigten und Vermieter bestehe nicht. Denn der Mieter, der aus dem Mietvertrag von einer anderen Person als seinem ursprünglichen Vermieter in Anspruch genommen wird, könne sich zunächst dessen Berechtigung nachweisen lassen, wenn er Zweifel daran hat, ob eine entsprechende Vollmacht oder Ermächtigung vorliegt oder ein Rechtsübergang nach § 566 BGB stattgefunden hat. Dies habe die Klägerin aber gerade nicht getan, sondern den Mieterhöhungsverlangen der Beklagten jeweils zugestimmt.

 

Praxishinweis

Der BGH konnte offenlassen, ob der Mieter ein Mieterhöhungsverlangen, das ihm – wie hier die Beklagte – der noch nicht eingetragene Erwerber aufgrund einer Ermächtigung des bisherigen Vermieters stellt, analog §§ 180 I, 174 BGB oder §§ 182 III, 111 BGB zurückweisen kann, wenn diesem keine Urkunde beigefügt ist, aus der sich die Ermächtigung zur Geltendmachung des Mieterhöhungsverlangens ergibt. Denn eine Zurückweisung hätte jedenfalls nur unverzüglich erfolgen können. Es kommt insoweit auf den Zeitpunkt des Zugangs des jeweiligen Mieterhöhungsverlangens an und nicht auf den späteren Zeitpunkt, in dem der Klägerin bekannt geworden ist, dass der Eigentumswechsel im Grundbuch vollzogen wurde und die Beklagte die vorangegangenen Mieterhöhungsverlangen nicht aufgrund einer ihr nach § 566 I zustehenden Vermieterstellung, sondern aufgrund einer entsprechenden Ermächtigung der bisherigen Vermieterin gestellt hat.

 

Im Übrigen ist die Zulässigkeit einer Ermächtigung des Erwerbers im Mietrecht umfassend anerkannt. So kann der Verkäufer den Käufer ermächtigen, einen bestehenden Mietvertrag im eigenen Namen zu kündigen (BGH, Urteil vom 10.12.1997 – XII ZR 119/96, NJW 1998, 896). Ermächtigt werden kann aber nur jemand, der ein rechtliches Eigeninteresse hat, also – wie hier – der Erwerber. Denkbar sind auch Fälle der Ermächtigung von Nacherben. Die Ermächtigung von Hausverwaltungen o.ä. sind weiterhin unzulässig. Hier ist nur eine Stellvertretung möglich, was aber im Prozess anders als bei der Ermächtigung zur Folge hat, dass der Vertretene als Kläger auftreten muss. Ferner sind Mieterinteressen berührt, wenn durch die Ermächtigung erst Rechte geschaffen werden, etwa bei einer Eigenbedarfskündigung. Deshalb erscheint es zweifelhaft, die Ermächtigung eines Erwerbers einer Wohnung zum Zwecke der Eigenbedarfskündigung zuzulassen, wenn der Eigenbedarf nicht in der Person des Verkäufers sondern nur in der Person des ermächtigten Erwerbers besteht (Börstinghaus LMK 2008, 260597).

 

Modernisierungsmaßnahmen nach 555d BGB muss der Mieter auch dann dulden, wenn sie im Fall des Verkaufs der Wohnung oder des Grundstücks von dem hierzu durch den Vermieter ermächtigten Käufer angekündigt und durchgeführt werden (BGH, Urteil vom 13.02.2008 – VIII ZR 105/07, NJW 2008, 1218 z. § 554 II BGB). Obergerichtlich geklärt ist auch, wer eine Modernisierungsmieterhöhung verlangen kann, wenn das Gebäude während oder nach einer Modernisierungsmaßnahme verkauft wird (Börstinghaus, a.a.O.): Nach zwei Rechtsentscheiden des KG kann der Erwerber eines Grundstücks, der nach § 566 BGB in das Mietverhältnis eingetreten ist, die Miete nach durchgeführter Modernisierung gemäß § 559 BGB erhöhen, unabhängig davon, ob die Modernisierungsarbeiten vor (KG, Rechtsentscheid vom 17.7.2000 – 8 RE-Miet 4110/00, NJW-RR 2001, 81) oder nach (KG, Rechtsentscheid vom 8.5.2000 – 8 RE-Miet 2505/00, NJW-RR 2000, 1177) Eintritt des Erwerbers in das Mietverhältnis abgeschlossen worden sind. Da der Erwerber nach Eintragung in das Grundbuch allerdings aus eigenem Recht handelt, bedarf es ab diesem Zeitpunkt keiner Ermächtigung (mehr).

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Bub, Rechtsanwalt Christian von der Osten, Rechtsanwälte Bub, Gauweiler & Partner, München